Leipzig

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Leipziger Originale, Kuriositäten und Besonderheiten
 


Im alten Leipzig
um 1860 gehörte zu den populären Gestalten "Vater Grun", der Wirt der "Guten Quelle" am Brühl. Bei ihm fanden die Verurteilten des Volksaufstandes 1848/49 eine Heimstätte.

Am "Verbrechertisch" trafen sich teilweise auch Männer, die langjährige Zuchthausstrafen hinter sich hatten und ihnen
wurde oftmals die Zeche erlassen.

Dann waren da noch die "Zugelassenen", die am Verbrechertisch Platz nehmen durften, und zwar mit der Begründung, sie seien es alle Tage wert gewesen ins Zuchthaus zu gehen.


Ebenso populär war der Wirt des "Thüringer Hofes", "Vater Grimpe", der täglich eine Armenspeisung durchführte. Ein anderer Mildtätiger war der "Hohe Seeler" ein Handelsmann, der den armen Teil seiner Kundschaft in nobler Weise meist an Festtagen beschenkte.


Ein Vorläufer des Seiferts Oskar war "Der Wichserkrah", Julius Alexander Grahn, der Schuhcreme (Stiefelwichse) und Schnürsenkel vertrieb. Sein Schlachtruf war "De Wichs ist gut". Jeder liebte seine derben Sprüche und fürchtete seine freche Zunge. Seine Schwäche galt, sehr zum Ärger seiner herkulischen Frau, dem weibliche Geschlecht. Sie soll ihn dann des Öfteren übers Knie gelegt haben.
Nach entsprechender alkoholischer Vorbereitung "sang" er und vollführte Tanzdarbietung mit seinem gefüllten Warenkasten.



Stadtbekannt war auch "Die Hirschenmusen". Eine hoch gewachsene, ruhige, bescheidene und sorgfältig gekleidete Frau, die allerdings mit den Jahreszeiten nicht klar kam. So konnte man sie im Julisonnenschein im Pelz, Muff und Kaschmirschal und im Januar dagegen im dünnen Kleid mit Sonnenschirm daherkommen sehen.

Man munkelte eine unglückliche Liebe habe der Person aus guten Hause ein wenig den Kopf verwirrt. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie mit künstlerischen Stickereien und es gehörte zum guten Ton der Bürger ein Deckchen von ihr zu besitzen.



Um 1860 lebe auch das Original "Die Gänsehalsen" in Leipzig. Ein Weiblein vom Wuchs eines zehnjährigen Mädchens, aber mit erstaunlich langem Halse - daher der Name. Sie bot Schreibwaren feil und war so populär, dass sich die Messebesucher erkundigten, wo sie heuer zu erleben sei.
Wenn man hübsch bat und drängelte, gab sie eine Vorstellung. Das zarte Stimmchen wurde fest und die Gänsehalsen deklarierte Klassik mit Händen und Füßen, sprang wild umher, beim dramatischen Höhepunkt rammte sie sich einen imaginären Dolch in den nicht vorhandenen Busen und sank entseelt zu Boden.


Ähnlich geartet war der "Spittelgottlob", der im Johannishospital, dem "Armen-Spittel" lebte. Sein großes Interesse galt der Lesewut und der Spottlust. In der Woche erledigte er unauffällig und still seine Arbeiten im Hause, aber am Sonntag holte er seinen stadtbekannten blauen Frack aus dem Schrank und ging damit über 30 Jahre auf Tour, wo er bereits freudig erwartet wurde.

In der Goseschänke in Eutritzsch begann er mit seinem Programm. Die Leute nahmen es in einer Zeit, wo es keine Medien der Unterhaltung gab, dankbar an. Die Münzen, die in seinen Zylinder fielen, landeten gleich wieder in einer Buchhandlung.



In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war das "Ernestinchen" ein Leipziger Original. Sie war eine Zwergin und als armer Leute Kind aus Schlesien zugewandert. Wenn sie abends mit ihrem Bauchladen von Tisch zu Tisch in den Bierlokalen zog, erzählte sie von ihrer unglücklichen Liebe mit einem Ulanen, der sie ausgenutzt und in ihrem Schmerze sitzen gelassen hatte. Die Studenten trieben ihre geschmacklosen Scherze mit ihr. Sie setzten sie auf Briefkästen oder auf die Löwen am Naschmarktbrunnen, wo man sie ängstlich um Hilfe schreien hörte.


Zur gleichen Zeit hauste in einem Hinterhof in der Ludwigstraße ein alter Mann mit Namen Emil Klaus. Er durchsuchte mit seinem durchlöcherten Strohhut, klappernden Holzpantinen und einem riesigen Sack auf dem Rücken in den Stadtteilen Volkmarsdorf und Neuschönefeld die Abfallhaufen nach Altstoffen, die er verkaufte. Der ihm umgebenden Kinderschar versuchte er Lebensweisheiten zu vermitteln und wurde deshalb spöttisch "Professor Klaus" genannt.


Die Spottlust der Bevölkerung spiegelt sich auch in den Versen über die Pferdebahn wider, die wie folgt lauteten:

In Leipzig ist gemütlich, da fährt die Pferdebahn.
Das eine Pferd, das zieht nicht, das andre, das ist lahm.

Der Kutscher der ist buckelig, die Räder, die sind krumm
und aller fünf Minuten, da kippt die Karre um.




Ein bekannter und viele Jahre gebräuchlicher Begriff war "Leipziger Räbchen", so wurden vorwitzige Leipziger Kinder genannt. Der Grund waren die Tagebuchaufzeichnungen des dreizehnjährigen Richhard Bühle aus dem Jahr 1865, welche sich in der Bibliothek des Stadtgeschichtlichen Museums befinden. Sehr lebendig schildert er seine "Alltsagsabenteuer" und "tollen Streiche", so u. a. "Bällereien" (Schneeballschlachten), "Keulereien" (Kriegsspiele) gegen die "schissigen Real- und Thomasschüler" und "Bauernrettiche" aus der Vorstadt. Richard Bühle wurde später Chefredakteur der "Leipziger Neuersten Nachrichten".



Eine weitere Besonderheit der Stadt Leipzig, die in einer Tieflandbucht liegt, ist der 20 m hohe "Scherbelberg" mit seinem stählernen Aussichtsturm. Er entstand durch 60.000 Pferdefuhren Hausmüll und dient auch schon als Wintersportmöglichkeit. Man hat von hier einen schönen Ausblick auf Rosenthalwiese und die Zooschaufenster mit seinen zahlreichen Tieren.


Eines der bekanntesten Leipziger Originale war der fliegende Händler Oskar Seifert, allen als "Seifart´s Oskar" bekannt. Er wurde von den Leipzigern bestaunt, aber auch auf Grund seines Mundwerkes , welches zehn Berliner ersetzte, gefürchtet.

Er agierte auf der "Leipziger Kleinmesse", einem der schönsten mitteldeutschen Volksfeste, in einer nach allen Seiten offenen Verkaufsbude mit der Aufschrift "Hurra, Seifarts Oskar ist wieder da". Aus fast jeder Verkaufshandlung machte er eine Unterhaltungsshow. Seine Verkäufe leitete er ein mit den Worten:
"Kommse näher - komm`s ran". Und wer seine "echten" Gummihosenträger nicht wollte, dem wurde der Rat gegeben "sich einen Nagel ins Kreuz zu schlagen und Hose daran aufzuhängen". Mit solchen Beratungen ging es laufend weiter.

Als er am Weihnachtsabend 1932  verstarb war der Trauerzug so groß, dass der Johannisfriedhof durch die Polizei abgesperrt werden musste. Seine Nachkommen waren noch viele Jahre auf der Kleinmesse zu hören.



                                                              

Es gibt nicht wenige fliegende Händler als Nachfolger, so z. B. die Wurst- und Losverkäufer: 

 
                              



   
   In der Zeit von 1891 bis 1962 lebte "Lene Voigt", die Leipziger Mundartdichterin besser noch
   "Leipziger Ulknudel". Sie hatte kein leichtes Leben nach einer Kriegshochzeit vor dem Ersten
   Weltkrieg, folgte die Scheidung und der Tod des fünfjährigen Sohnes Alfred und später eine
   unglückliche Liebe.

   Sie reist meist "als Möblierte" umher. Schrieb viele Texte in sächsischer Mundart. 1936 wurde
   sie verfolgt und war psychisch krank bis zu ihrem Lebensende.
  
   Lene Voigt starb im Krankenhaus Dösen bei Leipzig, wo sie noch als Buchhalterin und Botin
   arbeitete. Bekannt sind von ihr u. a. die "Sächsischen Balladen", die "Säk`schen Glassigger",
   der "Sang der Möblierten", "Wally der Familienschreck" . Diese und zahlreiche weitere Texte


waren auf den Kabarettbühnen der Weimarer Republik zu hören.
Auf ihren Grabstein auf dem Südfriedhof steht ...

 

Seine Kindheit verbrachte Joachim Ringelnatz, der geborene Wurzener, in Leipzig. Sein Vierzeiler über den "Sächsischen Dialekt" lautet:


Wenn man den Sächsischen Dialekt
ein bisschen dehnt und ein bisschen streckt,
und man spricht ihn noch ein bisschen tran´ger,
dann hält einen jeder für einen Spanier!
 


  Ein bekannter, leider viel zu früh verstorbener Leipziger Kabarettist, war
 
Jürgen Hart - Günder der Akademixer.

  Von ihm stammt das Sachsenlied mit folgendem  Refrain:
  "Sing, mei Sachse, sing! Es is e eichen Ding und ooch e tichtches Glick, um dn Zauber
   dr Musik".

 
 
 
   Sehr beliebt ist auch die jedes Jahr im Oktober durchgeführte und von zahlreichen
   Kabarettisten gestaltete "Lachmesse".





 
  Eine weitere Leipziger Besonderheit ist der Gerstensaft "Gose". Was dem Düsseldorfer das "Alt", dem
  Kölner das "Kölsch" und dem Münchner das "Weißbier" ist, das war den Leipzigern lange Zeit die
  "Gose".

  Seine Geschichte reicht mehr als 1000 Jahre zurück. Um 1000 ließ Kaiser Otto der III. die s. g. "Gose"
  mit dem Wasser des Harzflüsschens Gose brauen und es entstand über die Jahrhunderte der so
  genannte "Gose-Wanderweg" bis in die Goseschänke nach Leipzig-Gohlis.

 
 

 
   Sehr beliebt ist in Leipzig die berühmt-berüchtigte Kneipenmeile
   "Drallewatsch", die 1996 von zwei Dutzend Leipziger Wirten gegründet
    wurde. "Drallewatsch" ist ein ursächsischer Begriff für "etwas erleben"
    bzw. "auf den Schwof gehen".
  
    Zweimal jährlich findet das traditionelle Kneipenfestival "Honky-Tonk"
    statt.

 
 


In Taucha, einer Kleinstadt ca 10 km von Leipzig entfernt, findet alljährlich das Volksfest "Der Tauch´scher" zur Zeit des Pflaumenernte (Pflaumenmarkt) statt.
Man sagt, sein Ursprung bestehe darin, dass Leipzig und Taucha einst wirtschaftlich gleich bedeutende Städte waren. Aber Leipzig erhielt letztendlich das wichtige Privileg des Marktrechtes, das zu seiner Weiterentwicklung als Großstadt führte. Darauf zogen die Leipziger Studenten spottend und lästernd nach Taucha.

Prügeleien blieben auch nicht aus.  Der Tauchaer Jahrmarkt, der s.g. "Tauch´scher" gehörte seither zu den heiß erwarteten Tagen des Jahres. In abenteuerlicher Verkleidung, die Jungen als Indianer oder Trapper und die Mädchen als Märchenprinzessinen, zog man bandenmäßig organisiert durch die Straßen und bot sich Schlachten, die schon nichts mehr mit Kinderspielen zu tun hatten.

In den Jahren des DDR-Regimes wurden allerdings diese "bürgerlichen Relikte" unterbunden. Aber  "Der Tauch´sche" wird auch heute noch als Volksfest mit Umzügen jedes Jahr freudig erwartet.

                                                                                                   

          


Auf eine historische Besonderheit weist das Flüsschen "Lösegraben" hin, welches die nordöstliche Grenze zwischen Leipzig und Taucha bildet. Vor der Schaffung eines einheitlichen Staatswesens hatte jeder Ort seine eigene Gerichtsbarkeit. Sobald verurteilte Straftäter über den "Lösegraben" entkommen waren, dann galt für sie die s. g. "Lösung", das bedeutete, dass die Bestrafung durch den betreffenden Ort nicht mehr vollzogen werden konnte .

                                                                                                                                                                                                                                
Karin & Jürgen Dobroschke (2006)